365 Tage

Reizthema Müll

Vor einigen Wochen, las ich einen Eintrag in einem Netzwerk. Der ging ungefähr so:

„Liebes Forum! Mein Weltbild ist ins wanken geraten. Mein Vermieter hat mich angeschrieben, weil ich meinen Müll nicht korrekt entsorgt haben soll. Eine Rechnung für die Beseitigung durch einen Hausmeisterbetrieb hat er gleich angehängt. 45,70 Euro soll mich der Spaß kosten. Allerdings bin ich mir keiner Schuld bewusst. Und nun? Ich bin mir gaaanz sicher, dass ich mich immer gewissenhaft verhalten habe. Ob mich jemand gefilmt hat? Vielleicht hat auch ein Nachbar ein Foto von mir geschossen? Aber es kann nichts drauf sein, wenn ich immer alles richtig mache!“

Dieser „Müllhaufen“ hat mit dem geschilderten Fall nichts zu tun. Die „Ermittlung“ der Verursacher war aber in diesem Fall ähnlich einfach.

Auf den vermeintlichen Hilferuf reagierten innerhalb von zehn Tagen 90 User. Die meisten ergriffen sofort Partei und wetterten gegen den Vermieter. Frechheit so eine Rechnung zu schicken. Und wenn, wäre 47,50 Euro viel zu teuer für ein bisschen Müll wegräumen. Bla, Bla, Bla, auf allen Kanälen.
Der Hausmeister dürfte auch nicht im Müll wühlen, war die einhellige Meinung. Die Mieterin veröffentlichte Screenshots der Rechnung und vom Anschreiben des Hausbesitzers. Sie schimpfte öffentlich und nannte den Namen der unterzeichnenden Verwaltungsmitarbeiterin. Zum Anwalt gehen, Verwaltung verklagen – die ganze Plattform war in Aufruhr – Wahnsinn.
Immer wieder bekräftigte die Mieterin in ihren Statements ihre Unschuld. Auf kritische Äußerungen einiger weniger ging sie nicht ein.
Pikant: Es handelt sich um eine von mir betreute Wohnanlage. Im Klartext: Mein Müllplatz. Meine Rechnung. Meine gestresste Verwaltungsmitarbeiterin die nur ihrer Arbeit nachging.

Pappkartons mit Adressaufklebern sind dann schon relativ eindeutig…

Der Vermieter verlangte die sofortige Löschung des Briefwechsels. Der Schriftverkehr wurde von der Mieterin entfernt – die Kommentare sind bis zum heutigen Tage im Netz verfügbar. 

Leider hatte die Mieterin wesentliche Dinge bei ihrer Schilderung vergessen. Sollte ich etwa die unvollständige Geschichte im Forum mit meinem Hintergrundwissen ergänzen? Veröffentlichen, dass die Müllsünderin und ihre Kinder mehrfach ihre Abfälle aus Bequemlichkeit, oder weil sie keinen Schlüssel dabei hatten, vor den Containern abstellten? Schreiben, dass es sich um mehrere große Mülltüten und Pappkartons handelte und nicht um den Inhalt eines üblichen Abfalleimers? Entgegnen, dass schon aus dem gleichen Grund schriftliche Ermahnungen erfolgten? Es neben Beweisen auch Augenzeugen gab? Aus Gründen des Datenschutzes schrieb ich das nicht. Auch nicht, dass der Müllberg den Weg zu einer Wertstoffe-Tonne blockierte, deren Abholung nicht hätte stattfinden können, wenn ich nicht extra zum aufräumen gekommen wäre.

Fotografieren, dokumentieren und anschließender Mailverkehr gehörte früher nicht zu den täglichen Arbieten eines Hausmeister. Heute ist das ein wenig anders – leider.

Um Kosten für die Mieter dieser Wohnanlage zu reduzieren, wurden extra verschliessbare Mülltonnen aufgestellt um das leidige „Fremdentsorgen“ zu verhindern. Das, was davor steht oder liegt, „untersucht“ der Hausmeister dann sehr wohl – zum Nutzen aller. Denn mit den entsprechenden Beweisen können die Verursacher zur Kasse gebeten werden.

Oder würdet ihr es fair finden für den Müll, Bauschutt und Sperrmüll anderer mitzubezahlen?